Mannschaftsmeisterschaft in Spanien

 

Die spanischen Schachligen der Mannschaftsmeisterschaften sind (wie schon in meinem früheren Bericht erwähnt) völlig anders als in Deutschland organisiert und für mich (und viele andere) ziemlich unübersichtlich. Ich werde daher gar nicht erst versuchen, diesen gordischen Knoten mal zu entwirren und mich auf die nachvollziehbaren, interessanten Aspekte konzentrieren.

 

5er-Mannschaften spielen 7 Runden Schweizer System mit 90mins + 30 Sek pro Zug - ein recht angenehmer Modus. Die jeweilige Auswärtsmannschaft hat an allen ungeraden Brettern Weiß, haben also einen kleinen Vorteil mit 3x Weiß und 2x Schwarz. Wer mitspielen will, muss 43 Euronen Jahresgebühr für den Landesverband berappen (da sind dann alle anderen Verbandsturniere inklusive).

 

Der entscheidende Unterschied zu deutschen Ligen ist – schnallt Euch an - dass die 7 Runden an 7 aufeinanderfolgenden Sonntagen durchgerissen werden. Erzählt das mal Euren Frauen, wenn sie sich das nächste Mal beschweren sollten, dass schon wieder ein Sonntag für Schach draufginge. ;-)

 

Mein Verein ist mit 2 Mannschaften mit je 10 Spielern in der Provinzialliga von Malaga an den Start gegangen (das muss wohl eine der untersten sein). Die eine der beiden Mannschaften erhielt die Order „Aufstieg", die andere „Klassenerhalt". Daher erschloss sich mir nicht gänzlich, weshalb dann beide gleichmäßig stark aufgestellt wurden, anstatt das Gros der Spitzenleute für die Aufstiegsambitionen in einer Mannschaft zu konzentrieren. Wir haben im Verein zwei Leute mit ELO über 2000, dann kommen fünf 1900er, drei 1800er usw. Da diese aufgeteilt sind, ist das Leistungsgefälle in beiden Mannschaften teilweise ziemlich heftig, wenn oben mal welche ausfallen. Das ist aber in anderen Vereinen nicht viel anders bzw. noch krasser, wie ich deren Aufstellungen entnehmen konnte. Da sitzt an „1" ein 2100er und ab Brett 2 geht’s mit 1700ern weiter...

(Wen die nominelle Aufstellung der Mannschaften der Provinzialliga Malaga interessiert, kann gern mal einen Blick auf folgenden Link werfen:

http://chess-results.com/tnr146561.aspx?lan=2&art=8&turdet=YES&wi=821)

 

Jedenfalls landete ich zufällig in jener Mannschaft, die auf Aufstieg „eingenordet" wurde. Runde 4 kam ich erstmals zum Einsatz – es ging ins 85km westwärts an der Küste gelegene Estepona. Wir waren Spitzenreiter und mussten gegen den bis dato stark aufspielenden Verfolger ran. Ich nahm einen aus meiner Mannschaft mit, der in der Nähe wohnt. Auf der Rücktour hatten wir beiden 2 „Eier" im Gepäck. Die Mannschaft hat dennoch mit drei Siegen an den anderen Brettern 3:2 gewonnen. Diese Fahrgemeinschaft ging also in die Hose.

 

Weiterhin Spitzenreiter ging’s in Runde 5 zuhause gegen den nächsten Verfolger an die Bretter. Ich hatte an „5" Schwarz gegen eine 12-jährige 1600erin. Dass die Zahlen bei sehr jungen Spielern nicht aussagekräftig über deren reale Stärke sind, hatte ich gerade in einem Artikel über die Jugend-WM in Durban in „SCHACH" gelesen. Dort stand sinngemäß, dass viele Kinder/Jugendliche ELO-mäßig unterbewertet sind, weil sie viele Turniere untereinander spielen und somit ihre Zahlen nicht so stark steigen.

Meine Partie war dann auch sehr anstrengend, weil ständig taktisch etwas in der Luft lag. Im Mittelspiel kam ich so langsam in die Gänge, doch war der erste Zug, von dem ich glaubte, er sei stark, eigentlich der Verlustzug. Sie sah es aber auch nicht und wählte ein paar Züge später eine taktische Fortsetzung, die nicht funktionierte. Mein Glück. Wie heißt es doch so schön im Schach: „Wer den letzten Fehler macht, verliert."

Den Kampf hatte meine Mannschaft dann auch wieder knapp mit 3:2 gewonnen.

 

Die 6. Runde fand jetzt grad am 16. Nov statt und war von vorentscheidender Bedeutung. Wenn wir gewännen, würden wir vorzeitig „Meister" und somit Aufsteiger sein.

Es ging nach Benalmadena (ca 20min mit Auto gen Westen an der Küste entlang). Diesmal fuhr ich allein – es wollte wohl keiner im „Loser"-Auto mitfahren. J

Ich hatte Weiß gegen einen 14-jährigen 1700er. Er tankte von Anfang an sehr viel Zeit, sodass er nach 15 Zügen schon auf 19 Minuten runter war und im 20. Zug hatte er deren nur noch 2, lebte also fortan mehr oder minder von seinen 30 Sek Boni. Die vollständige Partienotation möchte ich Euch nicht antun, hier nur die entscheidende Stellung kurz vor Schluss:

 

Partie

 

Letztendlich spielten wir drei Älteren allesamt mit Weiß und Remis; unsere Youngster-Geschwister holten mit Schwarz die vollen Punkte zum 3,5:1,5 Sieg.

 

Somit sind wir 1 Runde vor Schluss „Meister" und steigen auf! Weiß der Deibel in welche Liga, aber das ist erstmal Wurscht. Gefeiert wird trotzdem. Ob ich für diese höhere Liga überhaupt tauge, ist noch eine ganz andere Frage, aber ich hab ja ein Jahr Zeit, an meiner Tauglichkeit zu arbeiten. J

 

In diesem Sinne viele Grüße in die Heimat – vielleicht sehen wir uns zur BMM am 14. Dez.

 

Thilo