Die M – Gruppe oder Im Berliner „Schach – Olymp“

 

Bis kurz vor Ablauf der Anmeldefrist zögerte ich noch, mein Teilnahmerecht an der diesjährigen Berliner Einzelmeisterschaft wahrzunehmen, da hatte mich bereits Klaus Kapr durch eine Anmeldung „vor’s Loch“ geschoben. Merkwürdigerweise drohte auch kein Arbeitsauftrag, also leistete ich mir einen unbezahlten Schachurlaub. Ostersonnabend begann das 9-rundige Turnier mit 22 Teilnehmern. Mit weiteren 10 Spielern lag ich im TWZ – Bereich unter 2200; – also setzte ich mir das Mindestziel , auf keinen der 5 Abstiegsplätze zu landen. Mit dem Maximal-Ziel – der Fahrkarte zur Deutschen Meisterschaft – sah es bereits am Ostermontag finster aus : 2 „Schwarz-Eier“ und nur 1 Remis lagen im Nest! Das Remis gegen FM Gruzmann hätte auch noch besser ausgehen können, aber als schlichter Landesligaspieler ( oder „Aschespieler“ wie unser eiserner Dieter es nennt ) kann man eben nicht ständig seine Leistungsgrenzen sprengen... In beiden Schwarzpartien gegen IM Michael Richter und Thomas Hämmerlein kam ich zu keinem Gegenspiel, da beide mit den komplexen Stellungen vertrauter waren bzw. sich auch noch speziell darauf vorbereitet hatten ( IM Richter gegen mein Benoni-Bauernopfer ). In der vierten Runde hoffte ich gegen Mit-Aufsteiger und Schlusslicht Bernd Muskewitz nun endlich mit einem Sieg den Bock umzustoßen. Nach unvorsichtiger Eröffnungsbehandlung musste ich einen Bauern ins Geschäft stecken um wenigsten noch spekulative Angriffschancen zu erhalten. Am Schluss hatte ich den Frosch im Schnabel aber er drückte mir den Hals gleichfalls zu, so das wieder nur ein Remis durch Dauerschach heraussprang. Mit einem Punkt aus vier Runden ab in den Fahrstuhl nach unten!?

Nun war Schadensbegrenzung angesagt und an Dr. Welz wollte ich mein Mütchen kühlen! Beide hatten wir uns 2007 in einer Gruppe in Horn’s Schachcafe für das Finale 2008 qualifiziert, und in einer scharfen holländischen Partie ließ ich damals erst den schnellen Sieg und dann noch das Remis aus. Das sollte mir nicht noch einmal passieren ( jedenfalls nicht gleich )! Tatsächlich kam es wieder zu kompromisslosem Spiel, wobei ich nicht überzog und ihm diesmal gern den Vortritt für einen feisten Fehler ließ, der die Partie schlagartig beendete. Dieser Sieg sollte mir etwas Auftrieb geben - Leidtragender war in der nächsten Runde Maxim Piz. Nach wechselhaften Kampf glaubte Piz offenbar mehr als Remis herausholen zu können, überzog die Stellung und musste nach wenigen Zügen aufgeben. Zu allem Überfluss durfte er seinem Ärger nach der Partie nicht einmal temperamentvoll Luft machen, weil ihn die Spieler am Nebentisch zur Ordnung riefen.

Nach 6 Runden also 50% Punktausbeute - aber immer noch in  Reichweite der Abstiegsplätze!  In den letzten 3 Runden wollten meine Schwarz - Gegner mögliche Risiken vermeiden und strebten ein schnelles Remis an ( Stefan Gazmaga u. Wolfgang Vandre ) – da mir diesmal leider etwas vom Ehrgeiz der jungen Spunde fehlte, war ich mit den halben Pünktchen auch zufrieden. In meiner letzten Schwarzpartie bearbeite Martin Gebigke mein lahmes Benoni recht geschickt und erreichte eine vorteilhafte Position, um dann plötzlich  im taktischen Handgemenge eine Qualle zu verlieren. Anstatt nun schlicht und einfach in ein überlegenes ( und gewonnenes ) Endspiel abzuwickeln, suchte ich 10 Minuten vor Blättchenfall  das Matt mit Dame und Turm zu erzwingen, räumte ihm Gegenchancen ein, die er kaltblütig im Stil eines guten Blitz-Zockers nutzte. Das Remis war offenbar der gerechte Ausgang der Partie. Als wir danach in der Analyse noch die „Wahrheit“ finden wollten, wurden wir vom umsichtigen Schiedsrichter Carsten Schmidt an den Feierabend erinnert; es war tatsächlich die letzte laufende Partie im ganzen Saale gewesen.    

Fazit meiner Teilnahme am Berliner „Schach-Olymp“? Der Griff nach den Schachsternen war es nicht – der blieb den jungen Heroen ( Robert Glantz, Gregor Salzberg, Marcos Kiesekamp, Attila Figura)  vorbehalten – aber auch kein Absturz vom Gipfel  (wie vielleicht manche vorab befürchteten). Zum Schluß bleibt mir nur übrig, mich bei unserem Vorsitzenden Klaus Kapr für den unerwarteten Anstoß zu bedanken, ohne den ich aller Wahrscheinlichkeit nach, diese interessante Erfahrung verpasst hätte.

 

Uwe Keil